Da fliegt nichts

Divara @, Dienstag, 13. Oktober 2015, 22:40 (vor 3499 Tagen)

Die Berichte von Jerusalemer Einwohnern, dass dauerndes Hubschraubergeräusch den Nachtschlaf stört und auch tagsüber kein Gefühl vermittelt, in einem Hort des Friedens zu leben, hat mich an Erfahrungen nach 9/11 erinnert.

Kurz darauf:
Es flog und flog, immer über mein Haus. Tag und Nacht. Nachts gern besonders tief. Meine Freizeit verbrachte ich soweit wie möglich in der Stadt. Zwar war mir klar, dass das nicht alles Terroristen waren, aber wenn in 100 Meter Luftlinie das höchste Haus der Stadt steht, löst das doch Phobien aus.

Es wurde mir zu viel, ich schrieb ans Verkehrsministerium und wurde tatsächlich angerufen. Allerdings konnte ich bereits sagen, dass es Militärmschinen waren, die dicke Transall erkennt man sehr gut, wenn sie in Sichthöhe fliegt und das Dunkelgrün der kleinen Machinen auch.

Ach, sagte der Verkehrsministerielle schnell und erleichtert, dann sind wir nicht zuständig, ich leite Ihren Brief weiter.

Tatsächlich: Anruf von der Luftwaffe. Da fliegt nichts, sagte mir unsere Luftverteidigung. Wenn dort etwas flöge, wüssten wir davon.
Ich: Wie bitte, Sie wollen mich beschützen und wissen selber nicht, was am Himmel fliegt?
Doch doch, da fliegt eben nichts. Aber dann, nachsichtig wie ein Therapeut: Schreiben Sie doch mal auf, wann da geflogen wird, und senden Sie uns den Zeitplan. Ich nehme an, ich hatte den Bundeswehrpsychologen in der Leitung. Aber ich versprach ihm, den Zeitplan zu erstellen und zu schicken. Was ich auch tat.
Es flog alle 20-30 Minuten. Tief und laut.
Ich wurde wieder angerufen, und väterlich beruhigt, das könne gar nicht sein. Ich gab auf. Langsam gewöhnte ich mich auch daran.

Ein paar Wochen vergingen. Dann stand in der Zeitung:
Der Bundeswehrflugschule im (nahe gelegenen) Dorf Hauenhorst wurde mit einem Anschlag gedroht. Der Betrieb musste drei Tage eingestellt werden.
Die Flugschule Hauenhorst war eigentlich längst geschlossen. Früher hatten uns von dort aus die Starfighter ständig im Unterricht gestört, für die meine Schule ausgerechnet ein Orientierungspunkt war. Nach 9/11 stellte man plötzlich fest, dass die Luftwaffe keine Piloten mehr hatte. Also wurde in Panik die Flugschule reaktiviert.
Danke für den kleinen Attentäterscherz. Sonst hätte ich mich wohl wegen Psychosen behandeln lassen.

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