Frage an die deutsche Philosophie

Stephan, Montag, 05. Mai 2003, 19:14 (vor 8034 Tagen)

Deutschlands prominentester Philosoph Peter
Sloterdijk (sorry, Juergen Habermas !) hat die
3000 toten Zivilisten des 11. Septemeber 2001 mit
gewohntem Scharfsinn als ein Fall »natuerlicher
Varianz« beschrieben, der in der Unfallstatistik
des Landes kaum auftauchen werde. Viele deutsche
Intellektuelle teilen diese Meinung, sie
formulieren es jedoch etwas anders.
Kann ich nun auch darauf schliessen, dass der
Irak-Krieg, der 1000-1700 Zivilisten das Leben
kostete, ein Fall »natuerlicher Varianz« ist, der
in der Mord-, Totschlag- und Unfall-Statistik des
Irak kaum signifikant ist. An der der Reaktion
deutscher Philosophen und Feuilletonisten kann man
nicht zu diesem Schluss kommen. Warum ?
Liebe Broder-Gemeinde, wie waer´s mit einer
tiefschuerfenden Analyse zu diesem Thema ?
Hier noch eine kurze Zusatzinformation: Ich lebe
in New York und habe Freunde am 11. September
verloren. Das ubiquitaere, wohlfeile Wort der
»Betroffenheit« macht in diesem Zusammenhang
durchaus etwas Sinn. Die Adorno-Anhaenger unter
Euch moegen mir dieses kurze Abgleiten in den
»Jargon der Eigentlichkeit« verzeihen.
Uebrigens: Ist Peter Sloterdijk immer noch
Mitglied der Bhagwan-Sekte ? Just curious...

Herzliche Gruesse aus New York,

Stephan


Frage an die deutsche Philosophie

alex, Montag, 05. Mai 2003, 22:02 (vor 8034 Tagen) @ Stephan

Stephan schrieb:

Kann ich nun auch darauf schliessen, dass der
Irak-Krieg, der 1000-1700 Zivilisten das Leben
kostete, ein Fall »natuerlicher Varianz« ist, der
in der Mord-, Totschlag- und Unfall-Statistik des
Irak kaum signifikant ist.

Ja,selbstverständlich!Im Irak zutreffender als in
den USA...Allerdings sind die Horrorgeschichten,
die man heute über die jüngste irakische
Geschichte hört nichts als bösartigste
Propaganda.Kennt man ja.Aber die deutschen
Philosophen sind schon auf der Suche nach der
Wahrheit.

Liebe Broder-Gemeinde, wie waer´s mit einer
tiefschuerfenden Analyse zu diesem Thema ?

Sie wollen sich wohl einen Wolf lachen...
Vergnügungssüchtiger Exilant!

Die Adorno-Anhaenger unter
Euch moegen mir dieses kurze Abgleiten in den
»Jargon der Eigentlichkeit« verzeihen.

Bitte kein Mitgefühl mit Gläubigen.Obwohl...

Herzliche Gruesse aus der Frankfurter Schule


alex

Frage an die deutsche Philosophie

Evi Dentz, Dienstag, 06. Mai 2003, 10:26 (vor 8033 Tagen) @ Stephan

Stephan schrieb:

Deutschlands prominentester Philosoph Peter
Sloterdijk (sorry, Juergen Habermas !) hat die
3000 toten Zivilisten des 11. Septemeber 2001 mit
gewohntem Scharfsinn als ein Fall »natuerlicher
Varianz« beschrieben, der in der Unfallstatistik
des Landes kaum auftauchen werde.




Dieser Satz ist dumm, zynisch, respektlos,
mathematisch inkorrekt und wurde hier schon
tausendmal durchgekaut.

Siehe:
http://www.henryk-broder.de/html/tb_sloterdijk.htm
l
http://www.henryk-broder.de/html/schm_sloter.html


Frage an die deutsche Philosophie

Stephan, Dienstag, 06. Mai 2003, 18:44 (vor 8033 Tagen) @ Evi Dentz

Sehr geehrte Frau Dentz,

danke fuer die Antwort. Die Broder-Artikel kannte
ich, die entsprechenden Diskussionen im Forum
hatte ich damals nicht verfolgt. Meine Frage bezog
sich allerdings auf einen anderen Punkt, jenen der
Aequivalenz.

Uebrigens, Zynismus kann in Zeiten der
Verlogenheit auch eine ethische Qualitaet haben,
in dem man Wahrheiten luzide ohne Ruecksicht auch
politische Korrektheit darstellt oder, wie die
»Zeit« es formuliert hat, Zynismus als
»Bullshit-Detektor«. Ich fuerchte, dass dies
allerdings im Falle von Sloterdijk nicht zutrifft.
Er hat zwar zwei dicke Waelzer ueber und gegen
Zynismus geschrieben und dem Kyniker den roten
Teppich ausgerollt, was aber seiner Urteilskraft
wohl mehr geschadet als genutzt hat.
So uebernimmt das Broder-Forum nun die Rolle des
Kynikers gegen den verlogenen Zynismus von grossen
Teilen des deutschen Feuilletons und der
institutionalisierten deutschen Philosophie...

Mit besten Gruessen aus New York,

Stephan

Frage an die deutsche Philosophie

Evi Dentz @ Stephan, Mittwoch, 07. Mai 2003, 17:56 (vor 8032 Tagen) @ Stephan

Stephan schrieb:

Die Broder-Artikel kannte
ich, die entsprechenden Diskussionen im Forum
hatte ich damals nicht verfolgt. Meine Frage bezog
sich allerdings auf einen anderen Punkt, jenen der
Aequivalenz.


Das hatte ich soweit verstanden. Aber Äquivalenz
inwiefern? Sie beziehen sich ja wohl kaum auf die
statistische Signifikanz der Todesfälle des
Irak-Kriegs.

Meinen Sie also, ob eine Äquivalenz im
Sloterdijkschen Sinne besteht? Nun, wenn man
Sloterdijks Statement als zutreffend betrachten
würde, vermutlich schon. Aber welche Aussagekraft
hat das?

Was die Reaktionen deutscher Philosophen und
Feuilletonisten betrifft, so kann ich dazu
eigentlich nur sagen, dass der Unsinn, den
mutmaßlich intelligente Menschen in der Folge des
elften September geäußert haben, alles übertrifft,
was ich persönlich bis dahin erlebt habe. Und das
gilt für JEDE Meinungsrichtung.

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