Weiter geht's: die Inquisition
Ein paar Richtigstellungen:
«Eine seriöse und wissenschaftlich belegte Schätzung der Gesamtzahl der Todesopfer der mittelalterlichen Inquisition ist nicht möglich, da die Quellenlage hierzu nicht ausreicht. Zwar sind viele Verfolgungswellen bekannt, doch darunter sind nur in wenigen Fällen Angaben über Urteile erhalten. Kirchennahe Historiker verweisen gerne auf die geringe Anzahl belegter Fälle, doch nach Angaben seriöser Untersuchungen schwankt die Dunkelziffer zwischen 4 und 6 Millionen, die hingerichtet wurden.
Verfolgungen ausgesetzt sahen sich hauptsächlich als häretisch eingestufte christliche Glaubensgemeinschaften, darunter die Amalrikaner, Apostelbrüder, Beginen und Begarden, Brüder und Schwestern des freien Geistes, Flagellanten, Fraticellen, Hussiten, Joachimiten, Katharer (Albigenser), Lollarden, Protestanten, Täufer, Waldenser usw. Die neuzeitlichen Inquisitionsbehörden gingen in erster Linie mit Folter und nie gekannter Brutalität gegen zum Christentum konvertierte Juden, sogenannte Conversos, oder konvertierte Muslime, die Moriscos, vor.
Vom Kernbereich der Häresie ausgehend, konnte die Inquisition auch diesem Straftatbestand verwandte damalige Verbrechen, sofern sie den Glauben berührten, verfolgen. Dazu zählten etwa Wucher, Magie, Hexerei, Gotteslästerung oder Sittlichkeits- bzw. Sexualverbrechen.
Im Unterschied zu anderen Gerichtsformen (vergleiche Römisches Recht), wie z. B. dem bis zur Etablierung des Inquisitionsverfahrens vorherrschenden Akkusationsverfahren, in dem Streitigkeiten zweier privater Kläger verhandelt wurden, erhob in einem Inquisitionsprozess nicht eine Konfliktpartei, sondern ein obrigkeitlicher Ankläger Klage von Amts wegen („ex officio“) und im öffentlichen Interesse (Offizialprinzip). Ankläger und Richter fielen somit in Personalunion zusammen. Aktiv konnte ein Inquisitor bereits dann werden, wenn der schlechte Leumund („mala fama“) einer Person ruchbar wurde.
Vor dem Inquisitionsgericht hatten Sachbeweise keine Gültigkeit.
Verheerender war aber die Verschmelzung der unabhängigen Instanzen Richter, Ermittler, Kläger und Verteidiger zu einem allmächtigen klerikalen Inquisitionsrichter. Dem Angeklagten standen keinerlei Verteidigungsmassnahmen zur Verfügung, ebenso war er im Zweifelsfalle schuldig zu sprechen (siehe dagegen: in dubio pro reo). Im Gegensatz zum bestehenden Römischen Recht war die kirchliche Gerichtsbarkeit ein erheblicher Rückfall und in seiner Grausamkeit nicht der Wahrheitsfindung, sondern ausschliesslich dem unilateralen Machtbestreben der katholischen Kirche verpflichtet.
Mit der französischen Revolution verschwand die Inquisition fast vollends von der Bildfläche.»
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Divara,
01.05.2015, 18:24
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ecc,
01.05.2015, 23:36
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udosefiroth,
02.05.2015, 11:37
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Divara,
02.05.2015, 15:04
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Divara,
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ecc,
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