Wissenschaft

Divara @, Dienstag, 07. April 2015, 22:46 (vor 3690 Tagen) @ Divara

Stichwort: Kreuzzüge

Die Kreuzzüge wären wohl mehr oder weniger aus dem Gedächtnis der Europäer verschwunden, wenn sie uns nicht durch unsere muslimischen Friedenstauben ins Gedächtnis gerufen worden wären. Seit ein paar Jahren hat man den Eindruck, sie seien ein schlimmeres Menschenrechtsverbrechen gewesen als alle nachfolgenden Kriege einschließlich der Shoah. Das sehen nicht nur die Muslime so (denen eine völlig andere Sicht als die der Europäer natürlich zuzubilligen ist), sondern inzwischen auch die Europäer selbst. Das große (unvergessene) H. bezeichnete Bernhard von Clairvaux, der für den Kreuzzug warb, als „Hassprediger“ und selbst kirchentreue Katholiken, für die er bisher immer als ein der großen Theologen galt, sehen ihn plötzlich in anderem Licht.

Schuldbewusstsein hat eingesetzt. „Suizidale Toleranz“. Oder Kapitulation. Außerdem ist es inzwischen ein Leichtes, jedes im Mittelalter begangene Verbrechen der katholischen Kirche anzulasten, denn mit der hat man ja nichts mehr zu tun. Man selber steht also darüber. Dass es die eigenen Vorfahren waren, will man nicht mehr wissen.

Beginnen wir mit dem, was den Kreuzzügen tatsächlich als Verbrechen anzulasten ist: das sinnlose Morden der Fanatiker. Zu Beginn des Ersten Kreuzzuges 1099 kam es vor allem in rheinischen Städten zu Pogromen unter den jüdischen Gemeinden, es waren die ersten organisierten Judenpogrome des europäischen Mittelalters überhaupt. Sie stehen besonders in Verbindung mit dem Graf Emicho dem Kreuzfahrer, hatten aber ganz offensichtlich auch wirtschaftliche Hintergründe, denn diese jüdischen Gemeinden galten als besonders wohlhabend.

Dazu ist folgendes zu sagen: Kein Papst Urban, kein Bernhard von Clairvaux hat dazu aufgerufen, Juden in Deutschland umzubringen. Sowohl Kaiser Heinrich IV. wie auch verschiedene Bischöfe stellten die Juden unter ihren besonderen Schutz. Keine namhafte kirchliche Autorität hat diese Pogrome gut geheißen; in der Regel wurden die Schuldigen dingfest gemacht und bestraft. Graf Emicho hat das Heilige Land nie gesehen, er starb verachtet unter ungeklärten Umständen. Was in den einzelnen Städten zu diesen Massakern geführt hat, muss jeweils gesondert nachgezeichnet werden. Warum geschah es hier, dort aber nicht? Wer war alles daran beteiligt?
Das zweite Ereignis, das zu nennen wäre, ist das Massaker von Jerusalem, das die Kreuzfahrer bei ihrer Ankunft verübt haben. Es hinterlässt tatsächlich völlige Fassungslosigkeit. Hätten die Kreuzfahrer nur die Stadt geplündert, ein paar Frauen vergewaltigt und einige Hausherren umgebracht, die ihre Habe nicht hergeben wollten, so wäre das nichts anderes als mittelalterliche Kriegstradition gewesen (die im Grunde bis heute andauert). Aber nein: Sie haben, um Gott wohlgefällig zu sein, getötet, was lebendig war, Juden, Muslime und wahrscheinlich auch armenische Christen, ohne Notwendigkeit und ohne einen Vorteil davon zu haben, offensichtlich im völligen Blutrausch.

Man kann diese Auswüchse von Gewalt, die es in der Geschichte immer wieder gibt, nicht schlüssig erklären. Ich denke, es ist die Aufgabe jeder Zivilisation, dafür zu sorgen, dass dieses rohe Wüten, das offensichtlich in jedem Menschen angelegt ist, eingedämmt und kontrolliert wird. Bricht es sich Bahn, ist es nicht aufzuhalten, bevor es sich nicht müde getobt hat. Es ist nun wahrlich kein Phänomen das bei Katholiken mehr vorkäme als bei Anders- oder Garnichtgläubigen. Mit christlichen Grundsätzen ist es nicht zu vereinbaren, und anders als im Koran gibt es auch keine Bibelstellen, die es rechtfertigen würde.

Dass sich unsere kleine Community verbal austobt ist ein zivilisatorischer und kultureller Fortschritt ohnegleichen. Ich habe aber kaum Zweifel, bei wem dieser unverzüglich wieder in physische gewlt umschlagen würde, sofern sie nur sanktioniert würde.
Fortsetzung folgt.


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