Wenn man stolpert
Aber einen Kommentar zu den israelfeindlichen Stolpersteinverlegern hätte ich doch ganz gern.
Wieso eigentlich?
In unserem Land liebt man eben nur tote Juden.
Gewöhn' Dich doch endlich mal daran...
Es hat einen einfachen Grund: Ich versuche Münsters Deutsch-Israelische Gesellschaft zu retten. Ich rette seit 5 Jahren. Aber ich ich bin im Begriff aufzugeben.Da zieht jemand Maßgebliches, der auch die Stolpersteine verlegt, den Artikel "Lieber jüdisch als demokratisch" der Süddeutschen aus der Tasche. Das sei unser Thema.
Es hat mich umgehauen. Wer solche Freunde hat.
Kurz zuvor veröffentlichte unsere Tageszeitung einen großen Artikel über die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. 90 Veranstaltungen pro Jahr (die DIG etwa 6-7). Ich begann zu liebäugeln, bis ich den latzten Satz des langen Artikels las:
Wir stehen uneingeschränkt an der Seite Israels. Aber seine Politik betrachten wir kritisch.Alles Arschlöcher.
Liebe Divara, ich stand anfänglich den Stolpersteinen auch kritischer gegenüber. Klar, dieses Darüber-Latschen stört. Auch einige Rabbis haben dagegen opponiert, und in irgendeiner süddeutschen "Großstadt" ( München? ) gab es auch einen Stadtratsbeschluss, die Verlegung nicht zu dulden. Das haben sie wohl auch durchgehalten.
Für berühmte Persönlichkeiten wurden in Berlin schon, bevor Gunter Demnik startete, Gedenkplatten an deren Wohnhäusern angebracht ( z.B. für Billy Wilder, Marlene Dietrich ), aber das Ansinnen dabei war - wie die Beispiele zeigen - nicht das Gleiche.
Hier sollte nun der jüdischen Nachbarn gedacht werden.Inzwischen freue ich mich über weitere "Pflastersteine"; wenn ich mit dem Köter eine lange Runde drehe, damit Alberich nun endlich die Blase leert. Was sie allerdings erst nach einer halben Stunde tut, weil sie so genant und klug genug ist, um zu wissen, dass der Mensch den Heimweg ansteuern wird, sobald das "Geschäft" erledigt wurde.
Ich glaube, dass durch viele kleinere Veröffentlichungen in den letzten 15 Jahren und der besseren Zugänglichkeit der Daten des 3.Reiches für Otto-Normalverbraucher (man muß heute nicht mehr durch die halbe Welt reisen, um an Daten zu kommen) etwas in Gang gesetzt und von Demnik aufgenommen und verstärkt wurde, was die Bezeichnung "Stolperstein" tatsächlich verdient hat. Unübersehbar aufgrund der Anzahl: allein in Bln. über 6.000 - und auch dezent das Stadtbild prägend.
Viel besser als diese großen Mahnmale.
Ich habe allerdings noch nie jemanden gesehen, der sich bemühte, die Inschriften zu entziffern.
Vermutlich tun das auch die wenigsten. Ich mache es aber und mir gefällt's. Vielleicht ist es pädagogisch sinnvoll. Es gab schon Berlin-Touristen, die nach ihrer Reise mir erzählten, sie seien von ihren Kindern bei 30° C durch die Altbau-Straßen gezerrt worden, um möglichst viele zu zählen und als Nachweis mit dem "Handy" zu fotografieren.
"Es sind so viele - und überall sind welche. Mehr als250 haben wir gefunden. Wußtest Du, dass es so viele gibt?" Natürlich habe ich geschwindelt, indem ich antwortete:
"Das kann gar nicht sein, womöglich habt Ihr manche doppelt und dreifach gezählt."Liebe Divara, ein eindeutiges 'Ja', weitermachen, ........... gegen das Vergessen der No-Names.
( Es sind so viele schöne Namen vor 70 Jahren - im wahrsten Sinne - ausgestorben.)
Vielleicht auch als Provokation (wegen der großen Anzahl) für den Einen oder die Andere, die für das 'Endlich-Vergessen' sind.
Aber insgesamt ist diese Aktion nicht für unsere Generation, sondern für die übernächste!
Es gibt insgesamt wenig, was der einzelne Normalbürger tun kann, um seine Haltung zu betonen. Hier kann er das. Eine Geste, die dem eigenen Wohlgewühl dient, was getan zu haben.Es gibt inzwischen Stadtteil-Initiativen, die mühsam alte Telefon- und Adressbücher aus den 1930er Jahren auswerten, um Hausbewohnern hilfreich zur Seite stehen und Auskunft geben zu können. Es gibt bezirkliche Koordinierungsstellen für Stolpersteine, damit nicht durch rege Umzugstätigkeit der Verschollenen mehrfach Steine für einen Verschollenen eingegraben werden.
http://www.stolpersteine-berlin.de/orte-biografien/suche
( einige Sekunden warten bis der Kartenausschnitt sich vervollständigt. Dann durch Scrollen vergrößern. Die orange-farbenen Schildchen geben beim Anklicken ein Pop-Up mit Namen frei. )
Sie mögen ja Recht haben, monsieur Oblomow. Bisher habe ich die Stolpersteine immer sehr zwiespältig gesehen, allerdings mit einem leichten Übergewicht in Richtung Zustimmung.
Aber ich muss wohl lernen, zwischen Person und Werk zu trennen. Mir ist Demnig suspekt. Mir ist das Vorstandsmitglied der DIG suspekt, welches Stolpersteine verlegt und an den Israelis kein gutes Haar lässt. Aber es stimmt wohl: die nächste Generation wird diese beiden vergessen haben und sich nur an die Ermordeten erinnern.
Aber wirkungsvoller fand ich folgende Aktion, die dieses Jahr bei uns erstmalig stattgefunden hat: Lehrer haben ihre Schüler vor den so genannten "Judenhäusern" am Abend des 9. November rote Kerzen aufstellen lassen. Das geschah ohne großes Aufhebens, ohne Presse, man erfuhr nur mündlich davon.
Hier in Münster hat eine selbst organisierte Kommission vor Jahren zwei Bände herausgebracht, in denen das Schicksal jeder jüdischen Münsteraner Familie dokumentiert ist, so weit man es verfolgen konnte.
Ich mache auch Führungen durch das Stadtviertel, in dem ich wohne. Einmal (vor etlichen Jahren) nahmen mehrere Nachbarn daran teil, und einer von ihnen zeigte uns stolz sein schönes Mehrfamilienhaus, das er gerade hatte renovieren lassen. Dann zuckte er die Schultern und sagte: "Ich habe es von meinem Vater geerbt, ich weiß nicht wieso, aber er hat es in den dreißger Jahren ganz billig kaufen können."
Ich begann zu lachen, irgendwie hilflos, eher blöd, und sagte dann: "Ich kann es Ihnen erklären, wollen Sie es wirklich wissen?"
Es war das Haus eines jüdischen Altwarenhändlers gewesen.
Es herrschte dann etwas betretenes Schweigen.
Stolpersteine liegen dort nicht.
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