Der Fall des Satirikers
In der Schweiz gibts diesen Paragraphen wie sonst in Demokratien überall nicht.
Wie immer bestens recherchiert, Herr Kollege.KUCKSTUHIER:
http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/schweizer-bundespraesidentin-als-foltersch...
Bleibt - der Genauigkeit halber - anzumerken, dass es auch ohne den (überflüssigen) Sonderparagraphen 103 zu einer Klage hätte kommen können und auch auf dem herkömmlichen Rechtsweg zu einem Strafbefehl.
Korrekt.Der P 103 stammt aus einer Zeit, als sich die durch Inzest schwer geschädigten Monarchen den Pipi vor den revolutionären Republikanern in die Hose machten und sich so gegenseitig vor allzu grosser «Kritik» verschonten. Heute sagt man «Pressezensur» - die ist, zumindest seit dem von den Alliierten in Deutschland eingeführten Demokratie, auch in Deutschland nicht mehr allzu zeitgemäss.
Ein Medienrechtler erklärt den Verbleib des 103 im StGB mit dem Schutz der diplomatischen Beziehungen der Bundesrepublik, verstrickt sich im Nachgang aber in einen Widerspruch:
Erfreulicherweise begnügte sich der Medienrechtler Ralf Höcker mit profaneren Dingen. Er erläuterte jenen § 103 StGB, den vor zwei Wochen noch kaum jemand kannte. Höcker machte deutlich, welchen Sinn diese Norm hat. So gehe es nicht darum, ob Millionen Türken beleidigt seien oder nicht. Vielmehr solle dieser Paragraph die diplomatischen Beziehungen der Bundesrepublik schützen – unabhängig von der moralischen Qualität der betroffenen Staatsoberhäupter. Das bedeute auch keinen Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz. Es gehe somit nicht um die viel diskutierte Privilegierung der Ehre von Staatsoberhäuptern.
Der historische Hintergrund der Majestätsbeleidigung lässt diese Strafrechtsnorm lediglich antiquiert aussehen, aber sie ist aus dieser Perspektive vor allem ein außenpolitisches Instrument. Höcker wollte allerdings ausgerechnet den Ermächtigungsvorbehalt des Paragraphen streichen, was aber den grünen Außenpolitiker Jürgen Trittin nicht überzeugte. Ob Höcker die Entscheidung über die diplomatischen Beziehungen einem Staatsanwalt überlassen wolle, so Trittins berechtigte Frage.
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/tv-kritik/sandra-maischberger-folgen-von-j...
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Erdogan definiert kühl seine Interessen.
Dabei trifft er auf eine Bundeskanzlerin, die sich seit dem September des vergangenen Jahres heillos in den Widersprüchen ihrer eigenen Politik verstrickt hat. Wer Erdogan mit der Sicherung seiner Außengrenzen (und der politischen Glaubwürdigkeit der Kanzlerin) beauftragt, darf sich über den politischen Preis nicht wundern, den dieser einfordert.
Das ist zwar richtig.
Es wäre aber wiederum naiv, stillschweigend anzunehmen, dass es im Falle einer gleichbleibenden "Syrienpolitik" der führenden europäischen Staaten und des Ausbleibens der schlecht kommunizierten* Politik der Aufnahme von Kriegsflüchtlingen durch Angela Merkel nicht dazu gekommen wäre, dass sich die Europäer wohl oder übel mit Erdogan in Sachen Flüchtlinge ins Benehmen hätten setzen müssen.
Auch in Anbetracht der Fehler Angela Merkels sollte klar sein, dass sie die übergroße Mehrheit der Flüchtlinge mitnichten in Bewegung gesetzt hat, sondern (und zwar in dieser Reihenfolge) a) Assads bzw. Putins Bomben sowie daneben iranische / iranisch geführte Milizen und b) der IS.
Auch in Anbetracht der grandiosen Arschlöchrigkeit des Erdogan sollte klar sein, dass die Türkei allein ca. 2,3 Millionen syrische Flüchtlinge aufgenommen hat. Wenn Erdogan jetzt anfängt Spielchen zu treiben, dann ist das das eine. Das andere ist, dass es völliger Quatsch wäre, zu meinen, dass die Türkei im gegebenen Zusammenhang gegenüber den Europäern irgendwas umsonst machen würde.
Als ob kein politischer Handlungsdruck entstanden wäre, wenn Angela Merkel letzten Sommer nicht so gehandelt hätte wie sie gehandelt hat. Als ob Griechenland und andere Länder auf der Balkanroute mit der Flüchtlingssituation auf Dauer klar gekommen wären. Als ob die europäische Außengrenze in/durch Griechenland so gesichert gewesen wäre.
Ein gutes Stück Schadensbegrenzung hätte wohl betrieben werden können, wenn Merkel, Hollande und Cameron bei Obama** Krach geschlagen, man Erdogan gemeinsam wg. seiner Appeasement-Politik gegenüber dem IS pressiert und ihm dafür die Flugverbotszone gegeben hätte. Das hätte zwar ein Riesen-Theater gegeben, in dem die üblichen Knallchargen "Intervention!", "Libyen!" und oberschlau "Assad! Säkular! Stabilität!" geschrien hätten. Aber mittlerweile reden wir von ca. 460.000 Toten in Syrien, von was-weiß-ich-wie-vielen Millionen Flüchtlingen und von einer noch instabileren Lage an der europäischen Außengrenze als je zuvor.
* Die Bundesregierung hat es im Zuge ihres Beschlusses im Sommer unterlassen, direkt, laut, deutlich und sich stetig wiederholend zu sagen, dass es hier um die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen geht, und nicht um die eines jeden, der einen ökonomischen Beweggrund hat, nach einem europäischen Strohhalm zu greifen.
** Jeder, der möglicherweise glaubt, dass die linksliberale Regierung Obama so einen Flüchtlingsstrom und das mörderische sowie gegen europäische Interessen gerichtete Wirken Russlands und Irans in Syrien toleriert hätte, wenn sie am Mittelmeer läge, ist naiv.
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Albert Schweizer,
15.04.2016, 13:22
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