Zum Tod des Eklen
Was für ein Wahnsinn...
ich traf Oskar Matzerath an einem wahnsinnig heißen Sommertag.
Als ich aus der Schule kam, war niemand da. Das kam eigentlich nie vor; irgendeiner war eigentlich immer präsent in meinem Elternhaus. Und wenn schon keiner der family, dann 'wenigsten' Doris, der stets gut gelaunte, oft alberne Hausgeist.
Ich war ganz allein mit den Krach- und Staub machenden Maurern, ganz in derbes weiß gekleidet, als wären sie Fleischer. Der erste Kasten des kühlen Bieres, den sie am Vortag vorsorglich in unseren Goldfischteich gestellt hatten, war um 14.oo h schon ausgetrunken. So viel Schmierstoff war es nun auch nicht für fünf Mann, plus Meister. Die Schultheiss-Etiketten hatten sich übernacht gelöst, ab und zu schnappte ein Goldfischi nach Luft, nachdem er seinen Sonnenschutz, nämlich die schwimmenden Etiketten, für einen Moment verlassen hatte. Ich wusste seit langem, dass der neue Teich mit kaum 50cm viel zu flach sein würde für ein stehendes, kleines Gewässer. Womöglich würden nun die 10-12 kleinen Fische krepieren. Ein Machtwort meiner Mutter, den alten schönen Teich, ein Vorkriegsbauwerk, in Schattenlage zuzuschütten und an anderer Stelle einen neuen anzulegen. Damit keiner "zukünftig" ersaufen möge. Tatsächlich hält es mir mein nur rund ein Jahr älterer Bruder auch heute noch vor, mir das Leben gerettet zu haben, ( Zweimal! ) indem er schnell im Haus 'Hilfe' gerufen und geholt habe, um mich herauszufischen.
Lange Jahre waren vergangen, als der Jüngste endlich in das Alter kam. Und prompt machte er die gleiche erfahrung, die ich sechs Jahre zuvor absolviert hatte. Das verbindet ! Wir haben zeitversetzt das gleiche erlebt.Das Machtwort meiner Mutter, einen Neubau anzugehen, hatte also einen Vorlauf. Allerdings kam es erst, als mein kleiner Bruder schon bald eingeschult werden sollte. Die Maßstäbe waren zu diesem Zeitpunkt bereits so, dass selbst der Kleene im alten gemütlich hätte stehen können, ohne auch nur feuchte Lippen zu bekommen. Es war 1960. Ich war 12 oder gerade 13 Jahre alt, der Kleene sechs Jahre jünger.
Alle Fenster und Türen der Veranda standen offen, darin das Radio, das die Maurer, die den Putz der Fassade abschlugen, mit Musik versorgte. Der RIAS ( Rundfunk im amerikanischen Sektor ) schmetterte: "Am Tag, als der Regen kam, lang ist's her..." und Freddy hielt entgegen: "De Gitarre und das Meer". War es Peter Kraus, der sang: "Bei Tag und Nacht denk ich an Dich, Marina" ?Der Maurermeister kam, schleppte einen frischen Kasten Schultheiss zur Motivation der Kollegen und ließ ihn mit den Worten; "Für morjen!" in den Teich gleiten. Ungefragt sagte er mir, dass mein älterer Bruder "vorhin" wegen akutem Blinddarm, "eigentlich zu spät", eingeliefert werden musste, ach deshalb ...... Das subtropische Klima und schlechten Nachrichten ließen mich auf das anstehende Training verzichten.
Ich nahm die Post aus dem Briefkasten, brachte sie ins Haus, nahm die M8 -Brause aus dem großen Bosch-Kühlschrank und beschloß, es mir hinten im Garten, unter den 80jährigen Fliederbäumen, erträglich zu machen.
Beim Rausgehen entdeckte ich im Corridor noch das sorgfältig in braunes Packpapier eingewickelte Buch, nahm es mit in den Garten, um mal neugierig nachzusehen, was es an Neuem gibt."Die Blechtrommel", ......... nach (rund) sieben Seiten war ich matt, irgendwie ermüdet. Für einen 12/13 Jährigen vielleicht auch zu langweilig. Jedenfalls blieb es bei den ersten sieben Seiten. Eine kurze Begegnung mit Oskar Matzerath, Dabei blieb es.
Vielleicht zu früh oder zu spät, zur Unzeit.Zugang zum Werke Günter Grass' habe ich eigentlich erst gefunden, als 1979 die phantastische Verfilmung von Volker Schlöndorff rauskam. Schlöndorff hat meisterliches geleistet, schon die sehr gelungene Auswahl der Schauspieler ( Adorf, Bennent, die damals recht junge Katharina Thalbach, Berta Drews etc. ), die schönen Dialekte, die veränderte Synchronität der Spielebenen. Schöündorff trat den Gegenbeweis an, dass dieses Grass-Buch nicht verfilmbar sei.
Wie Aldi den kulinarischen Luxus ( angeblich ) demokratisierte, so machte Schlöndorff den Grasschen Stoff dem gemeinen Volk zugänglich. Es dürfte sein Verdienst sein, dass heutzutage so viele auch der Zwischengeneration Grass in seiner Rolle als Autor so gut zu kennen glauben.( wird vielleicht fortgesetzt; vielleicht komme ich dann zum eigentlichen Thema )
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Vielleicht, lieber Oblomow, sollten wir uns doch wieder Geschichten erzählen, die auf heitere, amüsante und manchmal auch melancholische Weise das Flair der Zeit einfangen, in der sie passierten. Ich zaudere noch ein wenig, doch je mehr ich mit den heutzutage üblichen pseudowissenschaftlichen, aber meinungsstarken Texten konfrontiert werde, desto mehr juckt es mich im Hirn, meine Erlebnisse zu Papier zu bringen. Übrigens hat sich meine Tochter erdreistet, zwei Kleinsthunde anzuschaffen, die mich unentwegt mit quirligen Sympathieausbrüchen belästigen, was ich nicht zuletzt Ihren subversiven Einflüssen zu verdanken habe. Bevor Sie nun unverschämt feixen, mildere ich Ihre Schadenfreude mit der Information ab, dass sie (meine Tochter) ihr Elternhaus verlassen hat, um in einer nahegelegenen Großstadt den dort verbliebenen Bäumen mit ihren kleinen Scheißern den Garaus zu machen.
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Alex,
13.04.2015, 17:29
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- Zum Tod des Eklen - Divara, 16.04.2015, 22:17
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