Rettet die Abendländische Kultur

Final Cut, Dienstag, 22. Dezember 2015, 07:24 (vor 3430 Tagen) @ Oblomow

Genosse Cut macht sich mit Ali auf, um eine duftende Edeltanne zu ergattern.

Lieber Genosse Oblomow, Sie wissen aus früheren Berichten, dass ich über ganz passable Kenntnisse verfüge, was Bäume anbelangt, und so sind Sie auch genau im Bilde darüber, was ich von Koniferen am falschen Ort halte. Ja, ja ich weiß, die Samen, die Sie seinerzeit aus Südamerika herausgeschmuggelt haben und auf Ihrem Landgut in Nähe der Remise ausgebracht haben, haben sich über die Jahrzehnte zu stattlichen Bäumen entwickelt, von denen Sie sich nimmermehr trennen würden. Das, obwohl ich Ihnen geraten hatte, die standortfremden Neophyten im Rahmen eines Deals mit Ihrer Naturschutzbehörde zu opfern zugunsten eines sinnvolleren Naturschutzprojektes, was letztlich wegen Ihrer Exotenliebe nicht zustande kam. Wie dämlich (und damit beeinflussbar)Ihre kommunalen Naturschützer sind, konnte man doch schon daran sehen, dass sie Ihr Projekt schlankweg ablehnten, aber keinerlei Anstoß an Ihren freilaufenden Riesenpfauen nahmen, die – streng genommen – in den Vogelpark Walsrode verbracht gehören. Nun ist es zu spät, nicht mal als Weihnachtsbäume fänden Ihre südamerikanischen Schützlinge heute noch eine Verwendung, weil sie in keine Dorfkirche mehr reinpassen würden, ohne den Glockenturm nachhaltig zu beschädigen.

Womit ich zum eigentlichen Thema komme: “ Wie steht es um die alljährlich geführte Diskussion bezüglich des Aufstellens eines Weihnachtsbaumes bei den Cuts?“. Kurz gesagt, es gibt heuer keinen. Alle Stimmberechtigten stimmten diesmal mit “Nein“. Bitte gratulieren Sie mir nicht, tatsächlich habe ich einen Pyrrhussieg eingefahren. Der Verzicht auf den Weihnachtsbaum war an die Bedingung geknüpft, stattdessen ein paar wenige Tannenzweige an ausgesuchten Stellen im Wohnzimmer auszulegen. Wenigstens diese Minimaldekoration sollte uns an Christkinds Ankunft gemahnen und uns bestenfalls auch noch nostalgisch verklärte Glücksgefühle bescheren. Das fand ich akzeptabel.

Kollege Oblomow, damit Sie mal eine Vorstellung davon bekommen, wie es bei mir daheim jetzt aussieht… Die Biomasse an dezent verteiltem weihnachtlichen Grün entspricht in etwa der Ihrer südamerikanischen Schutzbefohlenen in Vivo, zuzüglich unzähliger Objekte mit weihnachtlichem Symbolcharakter. Darunter 2 beleuchtbare, 7-strahlige Papiersterne mit einem Durchmesser von 120 cm. Der eine schalweiß, der andere blutrot. Eine Bestückung der verblieben zwei Fenster mit saisonalem Zierrat war selbst Frau Cut logistisch zu aufwändig, weil zuvörderst die empfindlichen Topfblumenbatterien auf den Fensterbänken hätten evakuiert werden müssen. Hierfür hatte sie zunächst den Keller vorgesehen, doch ihr diesbezüglich eingebrachter Asylantrag scheiterte an meinem exklusiven Vetorecht, das ich (leider nur) für den Untergrund habe. So wurden lediglich die robusteren Sukkulenten mit kleinen bunten, batteriebetrieben LEDs verziert. Die Türen der oberen Schrankhälften können derzeit nicht geöffnet werden, da auf die schmalen, darunter liegenden Gesimse der gesamte Weihnachtsschmuck girlandenartig verwoben drapiert wurde, welcher üblicherweise am Weihnachtsbau hing, auf den aber dieses Jahr alle verzichtet hatten. Freie Stellflächen sind ohnehin knapp im Cut’schen Wohnzimmer. Akut davon bedroht war das Aufstellen der Miniaturkrippe, einer filigranen taiwanesischen Holzschnittarbeit, die als christkindliches Kernelement unbedingt untergebracht werden musste. Nach zermürbenden statischen Berechnungen entschied man sich, das trauliche Stallensemble vorsichtig zwischen die gerahmten Photos der Cut-Clan-Mitglieder zu schieben mit denen das Klavier flächendeckend überstellt ist. Ein fragiler Kompromiss, wie sich zeigte, da schon bei der kleinsten Berührung der Loriotsche Dominoeffekt ausgelöst wird.

https://www.youtube.com/watch?v=lyoVCV0YzkU

Nach der Fertigstellung dieses Ambiente (vieles habe ich aus ethischen Gründen in der Beschreibung bereits weggelassen) für einen noch nirgendwo gesichteten Heilsbringer war ich völlig durcheinander. Ich denke angestrengt über eine holografische Lösung fürs nächste Jahr nach.

Ich hoffe, Sie hatten wenigstens Glück und konnten beim diesjährigen Preisskat die Gans gewinnen und so ihren Missbrauch als Weihnachtsbraten verhindern.


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