Rettet die Abendländische Kultur

Oblomow, Samstag, 02. Januar 2016, 06:46 (vor 3419 Tagen) @ Alex


[image]


Glückwünsche zum neuen Jahr?
Was für eine menschenfreundliche Ansage!
Stammt wohl aus einer Zeit, in der es schlecht bestellt war für das Erreichen eines solchen...
Als ob das heute anders wäre...zumindest in gar nicht so entfernten Regionen unserer Glückskugel.
Oder gilt die Karte für uns jährlich hinfälliger Werdenden?

Lieber Sir, ich bedanke mich jedenfalls für die Glückwünsche und beglückwünsche meinerseits Sie und alle anderen dieses kleinen sinkenden Schiffs zum Erreichen des Heiligen Jahres. ;-)
Und hoffe, dass wir uns alle noch etwas erhalten bleiben, wir leben ja in wirklich spannenden Zeiten.

Werter Alex, ESQ.,

die Glückwunschkarte ist 1916 gelaufen, d.h. genauer: am 29.12.16 gestempelt. Und somit gut 99 Jahre alt,
mitten im WK I, addressiert ist die Glückwunschkarte an ein Fräulein, natürlich handschriftlich verfaßt, 'natürlich' in Kurrent.

[image]

( Die gefälligere Sütterlin-Schrift wurde 1911 von Rudolf S. vorgestellt und ab 1915 in preussischen Schulen gelehrt. Aber erst in den 1920er Jahren setzte sich die gegenüber Kurrent vereinfachte und deshalb "schnellere" Schreibschrift allmählich durch. Bis beide Mitte der dreißiger Jahre sukzessive von der Lateinischen Schrift abgelöst wurden.) Mehr zufällig ;-) scheinen die Beispieltexte aus Kriegszeiten zu stammen.
[image]
.
Quelle für beide Schriften: Wiki.zum Stichwort "Sütterlin"; zur Vergrößerung: klick auf die Thumbnails.


Vor hundert Jahren wünschte man dem anderen 'Glück im Neuen Jahr' und nannte es kurz 'Glückwunsch'. Der heutige 'Glückwunsch' ist eher rückwärtsbezogen auf ein vergangenes Ereignis, zB 2015 überlebt, Glückwunsch! Während der 'Glückwunsch' früher sowohl zukunftsorientiert als auch vergangenheitsbezogen genutzt wurde.
Will man nicht irritieren, werter Alex, da haben Sie recht, muß man heute mehr Worte finden, um viel Glück im Neuen Jahr zu wünschen.

Zwischen Ihren Zeilen ist Wehmut zu spüren. Kein Wunder angesichts der Todesfälle in den letzten Jahren. Möglicherweise sieht auch der eine oder andere von uns die Endlichkeit, die sich im körperlichen aber auch geistigen Verfall andeuten.
Wir sollten wieder und rechtzeitig zu einem jung-dynamischen Streitgebaren zurückfinden, ansonsten würden wir bei Bibel-TV und der Apotheken-Rundschau landen. Was keinem von uns zu wünschen wäre.
Geben wir uns also mühe, die Altersmelancholie oder sogar -Depression zu ignorieren oder nur zu überspielen. Und analog hierzu der körperliche Verfall, die Zipperlein. Das Altwerden ist halt nicht so einfach. Auch nicht das Ignorieren desselben.
Letzteres ist nahezu alternativlos.

Und hoffe, dass wir uns alle noch etwas erhalten bleiben, wir leben ja in wirklich spannenden Zeiten.

Ja, werter Alex, es ist die Neugier, die uns noch wach hält.

Ihnen auch zauberhaft-verstaubte Glückwünsche zum Neuen Jahr!


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion

powered by my little forum