Wie führt man ein gutes Gespräch?

Divara @, Dienstag, 20. Oktober 2015, 16:23 (vor 3493 Tagen) @ NN

Ihr erinnert euch?

Ein Familienmitglied schilderte den Jom-Kippur-Krieg folgendermaßen (ich habe das schon gepostet):

Mitten im Ramadan griffen die Israelis die völlig unvorbereiteten arabischen Staaten an. Verteidigungsminister Moshe Dajan musste anschließend wegen Kriegsverbrechen vom Amt zurücktreten.


Verzweifelte Versuche, die Geschichte richtigzustellen, endeten mit dem Verbot, das Thema Israel noch einmal anzusprechen. Denn wieso maßte ich mir an, etwas besser zu wissen, was doch alle Zeitungen geschrieben hatten?


Gegen diesen absurden Dreck muss man sogar die Zeitungen in Schutz nehmen. Oder hatten bestimmte Familienmitglieder damals die Deutsche Nationalzeitung oder ein DDR-Blatt im Abo?

Zur zwischenmenschlichen Diplomatie (soweit es der Rahmen erfordert*): Sofern man jemanden, der völlig absurde politische Äußerungen von sich gibt, zu denen man nur schwer schweigen kann, persönlich nicht meiden kann, sollte man die Entgegnung möglichst sachlich und ruhig halten bzw. Impulsivität, Schärfe und Polemik drosseln. Bei glatten Falschbehauptungen, die nichts mehr mit "Ansichtssache" zu tun haben, kann auch ein ernster Hinweis auf Google/Wiki helfen.


Die Betreffende kann zwar E-Mails schreiben, aber ansonsten ist ihr der Computer ein unheimliches undurchschaubares Ding. Besser keine Seite anwählen. Vor allem: Wie geht das?
Sie wollte aber eine befreundete Arzthelferin fragen, die war schon mal mit Studiosus in Israel.


Das kann zwar mühselig sein und muss bei dem oder den Adressaten zwar nicht fruchten, hat aber den Vorteil, dass der Betreffende oder die Betreffenden nicht auf die Meta-Ebene springen kann/können und einem "Ruhestörung", Diskussionsunfähigkeit etc. vorwerfen, weil der Widerspruch im Stil vehement war.

Ich habe jedenfalls die Erfahrung gemacht, dass die mündliche Diskussionslage eskalieren kann, wenn man unterschiedlichen Schwachköpfen (wie nahe oder fern sie einem persönlich auch immer stehen oder nicht) die Gelegenheit bietet, sich über die Schärfe und Vehemenz des unerwünschten Widerspruchs zu beklagen.

Leider muss ich gestehen, dass es sich in diesem Fall wohl um einen simplen Fall von ererbtem Antisemismus handelte. Das ist bekanntlich eine Krankheit, die unheilbar ist. Es hilft wohl nur die Vermeidung, aber das ist schwierig.

Bei einem neuerlichen Familienessen fing ich an, mich über Noam Chomski lustig zu machen. Der war, als ich studierte, ein unbedingtes MUSS. Und als ich ihn las, bekam ich vom Kopfschütteln fast ein Schleudertrauma, denn seine "Transformationsgrammatik" beschreibt Selbstverständlichkeiten, die jeder Fünftklässler versteht. Und während ich noch so motze, wird mir ganz heiß, weil mir einfällt, dass der senile Noam...ach du Schreck...Neben mir saß der Mann einer anderen Cousine, der sich totlachte, und ich hoffte, betete innerlich, er wird doch nicht gleich...
Doch, er tat's. Noam Chomsky war sofort allgemein rehabilitiert.
Später habe ich mit dem Mann meiner Cousine telefoniert, um ihm zu erzählen, dass er in das dickste größte alle fettnäpfchen gelatscht sei... Naja, wir hatten wenigstens am Telefon noch was zu lachen.

* Letztes Jahr eröffnete ein neuerer Freund auf einem Umtrunk eines alten Freundes mit Hang zur Exzentrik, in tiefem Ernst und ohne besoffen zu sein, dass er Gaddafi für einen wahren Staatsmann hält. Unter anderen Umständen hätte ich diesem Vollidioten einen vor den Latz geknallt, ich gehe ja schließlich nicht mehr auf Umtrünke/Feten/Feiern, um meinen Verstand gleich aufs Gröbste beleidigen zu lassen. Um das Risiko einer verbalen Eskalation, von "Stilkritik" und/oder Schlichtungsversuchen (durch den Gastgeber, Dritte) zu vermeiden, habe ich daher nur knapp mein Unverständnis signalisiert.


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