Paul Spiegel for Bundespräsident!?

hybride, Montag, 22. September 2003, 22:35 (vor 7905 Tagen) @ alex

Für sachdienliche Hinweise stets dankbar!

Ich hätte einen polemischen...
Eigenverantwortung bedeutet Zivilcourage = Mut.
Vielleicht mangelts ja wirklich einfach daran...

.
Alex:
Du meinst vermutlich den Mut, zu erkennen, daß man
früher Vieles falsch eingeschätzt hatte? Das ist
sicher richtig. Hinzu kommt das Risiko, sich von
der eigenen »Bezugsgruppe« zu entfernen, ohne eine
neue dafür zu bekommen.(btw: Ich muß auch damit
leben.) Es ist doch schön, wenn man mit Freunden
dieselben Dinge ablehnen und begrüßen kann,
anstatt sich zu streiten, nich? Wenn man außerdem
im Mainstream schwimmt, kann man jeden Schwachsinn
von sich geben - ohne Widerspruch zu ernten.
Entfernt man sich aber davon, steht man plötzlich
vor ner Inquisition und muß die stichhaltigsten
Argumente für die eigene abweichende Meinung sowie
tausend konkrete »Belegzahlen« aus dem Ärmel
schütteln.
.

Sachdienlich ist allerdings die generationenalte
Tradition, sich dem Staat zu übergeben.
Die Deutschen haben seit dem 19.Jahrhundert immer
dem Staat den Vorzug vor Eigenverantwortung
gegeben. Man hat in England und Amerika damals
einer persönlichen und wirtschaftlichen Freiheit
viel mehr Raum gegeben. Das war den Deutschen
hochsuspekt.

.
Das stimmt. Deshalb waren auch die in die USA wg.
Verfolgung emigrierten dt. 1848er so enttäuscht,
als sie zusehen mußten, wie glücklich ihre ehemals
scheinbar libertinären Mitkämpfer dann unter
Bismarck waren. Sie hatten ja ihren dt. Staat,
fertig. Und was ist mit dem, von mir schon
erwähnten, Ausdruck »Vater Staat«? Kommt der noch
in irgendeiner anderen Sprache vor? Mir ist keine
bekannt; höchstens vielleicht das »Mütterchen
Rus«, und da bin ich mir nicht einmal sicher, ob
ich das nicht mit dem (ebenfalls russischen)
»Väterchen Frost« verwexl.
.

Diese Entwicklung gipfelte in dem Buch
des Wirtschaftswissenschaftlers Prof.Sombart, der
1915 das Buch "Händler und Helden" schrieb. Zitat
gefällig?

.
Schon der Titel sagt ja sehr viel. Er ist ein
gutes Beispiel für das, was ich schon mal in eim
anderen Thread hier als den antisemitischen
Assoziationsraum bezeichnet habe, der viel
schwieriger zu durchschauen ist als der offene AS,
zumal er sich weitgehend unbewußt abspielt und,
seit unzähligen Generationen, mit der Muttermilch
eingesogen wird; quasi ßtickum. (Dabei spielt es
keine Rolle, daß man heute nicht mehr von »Helden«
als Gegenstück zu »Händlern« spricht. /Der Held
von heute wäre ... äh ... der mündige
Verbraucher.? /)
.

Er war ernsthaft der Meinung, im 1.Weltkrieg stehe
der deutsche Heldengeist gegen die englische
Krämerseele.
Und faselt weiter vom individuellen
Einzelleben,welches "einem Schatten gleicht, der
vorüberhuscht." Im Gegensatz natürlich vom
"eigentlichen Leben", welches im
"überindividuellen Leben"
stattfinde.Sozialistisches Gefasel eben.

.
Ja, der individuell unterscheidende Mensch ist, oh
Sÿnde, ein Anatom. Er sieht eben nicht das
erhabene harmonische Ganze. (Daher krieg ich auch
Gänsehaut, wenn man hier vom »Allgemeinwohl«
redet.)
.

Er wirft den Händlern vor:"Sie sagen, der Krieg
sei unmenschlich,er sei sinnlos.Das Hinschlachten
der Besten eines Volkes sei viehisch.SO muß es dem
Händler erscheinen, der nichts höheres auf Erden
kennt als das einzelne natürliche
Menschenleben.Wir aber wissen,dass es ein höheres
Leben gibt:das Leben des Volkes,das Leben des
Staates."
Das war 1915.Ein Resultat von ca.60 Jahren
deutscher Wirtschaftswisenschaft. So dachte man
fächerübergreifend. Und das sitzt tief.

.
Wenn man nur diese tiefen Schichten raufholen
könnte ... Meiner Meinung nach müßte aber eben
_so_ Auklärung stattfinden, auch in den Schulen -
und nicht im Bauen von Denkmälern, Halten von
Reden über die lieben jüdischen Mitbürger usw.
Denn das, was hier Sombart den Engländern vorwirft
... ach nö ... ich red jetzt zu viel ... (Das
dürfte erstmal reichen ...)


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