Schreibrechtsreform 1995

Oblomow, Freitag, 07. August 2015, 06:50 (vor 3568 Tagen) @ Divara


Immer muss ich die Lehrerin spielen, und wenn ich dann den Wünschen nachkomme, wirft man mir vor, ich wüsste alles besser. Erkläre ich daraufhin bescheiden, wir könnten ja das Thema wechseln, heißt es, ich sei immer gleich beleidigt! So verlaufen bei uns Familienfeste. :-(

Aber ich kann das Besserwissen natürlich auch nicht lassen.

Monsieur Oblomow, für das, was Sie oben als "Resignation" zum Ausdruck bringen wollen, benutzt man im Deutschen den Konjunktiv Imperfekt. Die Franzosen haben dafür eine Zeitform, die es im Deutschen nicht gibt: Das Konditional. Hier müsste es also heißen (wörtlich übersetzt, also in schlechtem Französisch):
J'espère que je pourrais partir en vacances demain.
Tatsächlich würden sie sagen: J'espérerais pouvoir partir....
(Wobei für Traditionalisten wie ich 'espérerais' mit accent aigue geschrieben, aber ein accent grave gesprochen wird. Die jeunesse doré macht das bereits anders)

Sie sehen...wir haben das ein ganz diffiziles Problem auf dem Tisch!
Bei der Gelegenheit muss ich aber wieder ein Loblied auf die Disziplin französischer Schüler singen. Mann, sind die brav. Und ausgerechnet die Franzosen halten immer noch an dem Klischee fest, in Deutschland sei man diszipliniert.:-D

Aber nein, liebe Divara, das ist doch interessant. Ich lerne gern dazu ( oder frische Halbwissen auf ),
keineswegs empfinde ich die Richtigstellung als 'besserwisserisch' ( was ja immer negativ konnotiert ist ) -
vor allem wenn es so fundiert und klar erklärt wird.

Nichtsdestotrotz: Auch wenn es weniger elegant sich anhört und - wie Sie oben schreiben - in France niemand so formulieren, sondern die weniger umständliche Aussage bevorzugen würde:

............................... J'espérerais pouvoir partir en vacances demain,
( die wir wortwörtlich ins deutsche übersetzen könnten: 'Ich würde hoffen, morgen in die Ferien fahren zu können.' ),
ist es inhaltlich nicht ganz das Gleiche, was mein: 'Ich hoffe, ich könnte..." ausdrücken möchte.
Mein Hoffen steht im hier und jetzt. Dessen bin ich mir sicher, deshalb gehört es nicht in den Konjunktiv.
Ob ich tatsächlich können werde, steht allerdings in den Sternen, ist als ungewiß, vage, ....... deshalb der Konjunktiv.

In der franz.Übersetzung hingegen wird (s.o.) das Hoffen in den Konjunktiv (fut.) und in deutsch konjunktiv (imperfekt) gesetzt.
Soweit verstanden: Es gibt inhaltliche Abweichungen, aber alle wissen eh, was gemeint ist.

Meine obige Erklärung zum Verschieben des Konjunktiv vom können ( wo es eigentlich hingehört ) ;-) zum 'hoffen' finde ich - Vorsicht Eigenlob - zauberhaft. Sie muß jeden Fachmann, jede Fachfrau zur Verzweiflung bringen. Sorry, Kollegin Divara.

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